FOCUS / Praxistip / 08.02.2022
Nord Stream 2: Kosten, Kritik und Verlauf der Pipeline
Durch die Erdgasleitung
Nord Stream 2 könnte Deutschland auf direktem Wege Gas von Russland beziehen, was Kosten und Probleme erspart, da die Transitländer nicht mehr beteiligt wären. Seit
September 2021 ist die Pipeline einsatzbereit, aber nicht in Betrieb.
Nord Stream 2: Kosten, Verlauf und Investoren
Nord Stream 2 ist nach der seit 2011 existierenden Gasleitung Nord Stream nun das zweite Pipelineprojekt, welches Erdgas von Russland über die Ostsee nach Deutschland transportieren soll, um eventuelle Probleme mit den Transitländern zu umgehen. Der Transport des Erdgas erfolgt von Ust-Luga über die Ostsee bis zur deutschen Küste nach Lubmin. Die Leitung ist
1.230 Kilometer lang und besteht aus zwei parallel Leitungen, die eine Gesamtkapazität von
55 Milliarden Kubikmeter Erdgas hat.
Das Investitionsvolumen liegt bei ca.
9,5 Milliarden Euro, wovon
50 Prozent von den
fünf Konzernen Engie, OMV, Shell, Wintershall und
Uniper finanziert wurden, die auch die
zukünftigen Abnehmer sein werden. Eigentümer ist der russische
Staatskonzern Gazprom. Die Pipeline wurde am 10. September 2021 fertiggestellt. Wann und ob sie in Betrieb genommen wird, ist noch unklar.
Kritik aus allen Richtungen
Neben Befürwortern, die den Bezug des Erdgases als Brückenlösung im Übergang zu erneuerbaren Energien sehen, hagelt es Kritik von allen Seiten, denn dadurch könnte eine Abhängigkeit Europas von Russland entstehen. Die Ukraine geht davon aus, dass Russland sie vom Gastransit
ausschalten wolle. Zwischen der ukrainischen und russischen Regierung gab es immer wieder
Streit über Gaslieferungen. Momentan fließt das Gas von Russland nach Mitteleuropa noch durch ihre Leitungen, wodurch sie jährlich ca.
eine Milliarde Euro verdienen.
Auch die baltischen Länder und Polen sehen durch Nord Stream 2 einen Machtzuwachs Russlands. Diese Angst wurde durch die Annexion der Krim und den Fall Alexej Nawalny verstärkt. Amerika sieht eine zu starke Abhängigkeit Deutschland von Russland im Falle der Inbetriebnahme. Allerdings haben sie
selbst Interesse daran, Erdgas zu verkaufen. Nach mehreren Sanktionen des US-Kongresses 2019, hat Joe Biden nun von drastischeren Sanktionen abgesehen, da die Pipeline nunmehr unumgänglich sei. Bislang und solange es keine militärische Intervention Russlands in die Ukraine gibt, wird der Inbetriebnahme der Pipeline erstmal nichts im Wege stehen.
"Die Tatsache, dass sie noch nicht in Betrieb genommen wurde, ist sowohl für die an diesem Projekt Beteiligten als auch für die Gasverbraucher in Europa schlecht», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte zuletzt immer wieder gesagt, dass die Inbetriebnahme der Leitung zu einer Senkung der Großhandelspreise führen könne. Die Gasleitung von Russland nach Deutschland sei ein rein wirtschaftliches Projekt, sagte Peskow. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz sieht die Betriebserlaubnis für die umstrittene Gaspipeline und die Bemühungen um eine Deeskalation in der Ukraine-Krise als getrennte Vorgänge.
"Es handelt sich im Hinblick auf Nord Stream 2 um ein privatwirtschaftliches Vorhaben", sagte er.
Bei einem Abbruch des Projekts würden
Schadensersatzforderungen gestellt werden. Außerdem besteht die Angst, dass Russland in diesem Falle stärker mit China kooperieren würde und die Beziehungen zu Russland sich weiter verschlechtern.
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