Deutschlandfunk | von Norbert Seitz | 17.06.2022
USA
Vor 50 Jahren begann die Watergate-Affäre
Am 17. Juni 1972 wurde mit einem
Einbruch in das US-demokratische Wahlkampf-Hauptquartier die Watergate-Affäre ausgelöst. Die Spurensuche der Ermittlungen führte ins Weiße Haus. Die Präsidentschaft von Richard Nixon war damit angezählt und das Vertrauen in die US-Demokratie erschüttert.
„Möge Gottes Gnade mit Euch sein in allen Tagen, die vor uns liegen“.
Mit diesen Worten schied Richard M. Nixon am 8. August 1974 als 37. US-Präsident aus dem Amt. Heillos verstrickt in die
Watergate-Affäre, kam er einem
Impeachment zuvor, nachdem er vom Kongress
überführt worden war.
Eine abenteuerliche Geschichte hatte die Grundfeste der US-Demokratie erschüttert. Am Samstag, dem 17. Juni 1972, gegen 2:30 Uhr morgens wurden
fünf Einbrecher in der Wahlkampfzentrale der
Demokratischen Partei im Watergate-Hotel in Washington D.C. verhaftet. Sie waren schon zum dritten Mal dort eingebrochen, um
Wanzen zu
installieren oder
auszutauschen.
Sternstunde des investigativen Journalismus
Die Journalisten
Carl Bernstein und
Bob Woodward von der „Washington Post“ erhielten den Auftrag, über den skandalösen Einbruch zu recherchieren. Silke Hasselmann zitierte Bob Woodward in einem Bericht für den Deutschlandfunk 2013.
„Wir wollten nur herausfinden, was geschehen ist, erinnerte sich Bob Woodward in diesem CBS-Interview. Man müsse betonen, dass sie für Redakteure gearbeitet haben, die sie immer ermutigt hätten, auch als es gefährlich wurde. Sie sagten, geht euren Quellen nach, grabt tiefer.“
Während das FBI herausfand, dass im Wahlbüro
Akten kopiert und
Abhöranlagen erneuert und neu
installiert wurden, konnten Bernstein und Woodward nachweisen, dass die Spur der Täter ins Weiße Haus führte.
Bob Woodward:
„Dass der US-Präsident eine Kampagne leitete, um Strafermittlungen zu vereiteln, Schweigegeld an Zeugen zu zahlen – eine riesige Verschwörung.“
Richard Nixon schien angetrieben von einer tiefen Aversion gegen die investigativen Medien, erst recht gesteigert durch die Affäre um die Pentagon Papers, die der Journalist Daniel Ellsberg im Jahr davor an die Presse durchgestochen hatte. Jene Pentagon Papers hatten die Glaubwürdigkeit der US-Außenpolitik im Vietnam-Krieg unter Nixons Amtsvorgängern Kennedy und Johnson aufs Tiefste erschüttert.
Nixon und die „Klempner“
Nixon befürchtete, die Medien könnten weitere belastende Dokumente gesammelt haben, zum Beispiel über die
geheime Bombardierung von
Kambodscha, die er angeordnet, aber vor der Presse verschwiegen hatte.
Dazu der Henry-Kissinger-Biograf Bernd Greiner:
„Nixon steigerte sich in die fixe Idee hinein, dass Ellsberg oder seine Mitstreiter möglicherweise Unterlagen haben könnten, über die Art und Weise, wie Nixon während des Wahlkampfs 1968 versuchte, die Friedensverhandlungen mit Nordvietnam zu hintertreiben.“
Deshalb setzte der verunsicherte Präsident auf die „plumbers“, „die Klempner“. Zunächst hatten sie dafür zu sorgen, keine weiteren Dokumente nach außen dringen zu lassen. Außerdem sollten sie ins Wahlbüro der Demokratischen Partei einbrechen. „Tricky Dick“, so Nixons Spitzname, fühlte sich am Point-of no-Return angelangt, wie die später veröffentlichten Tonbänder aus dem Weißen Haus dokumentieren:
„Es ist mir wurscht, wie es gemacht wird, aber macht, was getan werden muss, um die undichten Stellen zu stopfen. (…) Die Regierung kann nicht überleben, (…) wenn jeder, der will, daherkommt und Dokumente preisgeben kann. (…) Ich will, dass es gemacht wird. Um jeden Preis.“
Für Nixon wurden jene enthüllenden Tonbänder aus dem Oval Office zum Verhängnis, nachdem die Mitglieder des parlamentarischen Watergate-Untersuchungsausschusses die Herausgabe durchsetzen konnten. So trat der angeschlagene Präsident die Flucht nach vorn an. Er begrüße die Untersuchungen, damit die Bürger erfahren könnten, ob er ein Gauner sei. Aber er sei kein Gauner. Hinterher musste Nixon die hochkriminelle Verstrickung seiner Gefolgsleute im Weißen Haus eingestehen. Die veröffentlichten Tonbänder lösten ein Beben in Washington aus. Bis Nixon am Vorabend vor der Presse trat und seinen Rücktritt ankündigte.
[Links nur für registrierte Nutzer]