
Zitat von
Klopperhorst
Menschen wie du und ich.
Aus den Memoiren meines Opas, Sekretär von Margot Honeker.
Dann wieder höre ich Stimmen, was Russen und Polen mit Deutschen gemacht haben sollen. Ich höre von Erschießungen, vom Erschlagen, Verstümmeln. Gleich darauf sehe ich den weißhaarigen polnischen Kommunisten vor mir in Plothow, höre seine Worte: „Und wenn Du nach Deutschland kommst, dann sage: Ja, der Hass auf uns Deutsche ist groß (das hatte ich bereits Anfang Mai in der Tschechoslowakei gespürt und vor wenigen Tagen in der Mühle), der Hass auf die Nazis, die Faschisten, aber war ich einer? Ja, ich war im Jungvolk, in der Hitlerjugend gewesen, hatte ihre Lieder gesungen, war zur Flak gegangen und noch Soldat geworden, war es gewesen bis zum 8. Mai. Aber ich hatte keinen Menschen umgebracht, geschlagen, verhöhnt. Für andere, die Tschechen, Polen, Russen, war ich einer von den Faschisten, aber ich wollte es nicht sein, war es auch nicht. Und bisher hatten weder die Tschechen noch die Russen, bei denen ich gearbeitet hatte, auch die Polen mir Schlechtes angetan. Warum sollten sie es jetzt tun? Ich empfand keinen Hass gegen sie, ja ich hatte, und dessen war ich jetzt ganz sicher, noch nie welchen ihnen gegenüber empfunden. Ja, so war es, und ich dachte an die Russen in der Flakbatterie, an den jungen russischen Soldaten, der mich hatte laufen lassen, an die russische Einheit, die ich bei Oederan traf und an die Offiziere in Dresden, an die polnischen Ostarbeiter, die ich nicht zwang, wie ich es hätte tun sollen, vor mir als Hitlerjungen auf die Straße zu gehen. Opa hatte gesagt: „Das sind auch Menschen wie Du und ich.“ In diesem Augenblick war ich Opa unheimlich dankbar. So wurde ich ruhiger, schöpfte Hoffnung und sah dem Morgen mit Zuversicht entgegen.
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