Zitat:
Die russischen Zaren konnten das ganze 19. Jahrhundert über genau beobachten, wie in Europa die Bauernbefreiung, die (vom Adel) gesteuerte Aufklärung und die zunehmende Industrialisierung ein Erfolgsmodell wurden. In Russland wurden wichtige Entwicklungen verschlafen, weil der Zarenthron nicht die absolute Macht im Land besaß, sondern sich die Kontrolle teilen musste mit dem alteingesessenen russischen Adel, der keine Lust hatte, etwas an der mittelalterlichen Leibeigenschaft der Bauern zu verändern.
Für die Zaren wäre es naheliegend gewesen, über die Geheimdienste dafür zu sorgen, dass sich aufklärerische und sozialistische Ideen verbreiten und gewisse Strukturen heranbilden. Solange diese Operation nicht aus dem Ruder läuft, könnte man eines Tages die gewöhnlichen Adeligen zu Veränderungen zwingen oder gar entmachten, während die Zaren aus dem Rampenlicht größtenteils verschwinden, um aus dem Schatten heraus die Fäden zu ziehen.
Alternativ konnte man auch stärker sozialistische Strömungen verbreiten und eine sozialistisch getarnte Revolution inszenieren. Die sozialistischen Revoluzzer Alexander Herzen und Mikhail Bakunin verbreiteten eine Weile lang sogar die Idee, die Herrschaft der Romanows solle weiterlaufen und die Romanows sollten den erwünschten Wandel mit herbeiführen und die Bauern befreien.
In Band I meiner Buchreihe über die Supermächte verfolge ich die Hypothese, dass bei den Zaren und ihren britischen Verwandten letztendlich die Entscheidung getroffen wurde, eine sozialistisch gefärbte Revolution zu inszenieren, den Tod der Zarenfamilie vorzutäuschen, die anderen Romanows abreisen zu lassen und einen Krieg zu führen gegen die gewöhnlichen, alteingesessenen Adeligen in Russland.